Ein Mensch auf den Knien ist mächtiger als die Welt – Kardinal Robert Sarah

17 August 2019, 12:00
original: (c) Kath.net

Diese Ansprache wurde nach dem Brand der Kathedrale ‚Notre Dame‘ in Paris gehalten und bezieht sich auf dieses Ereignis (Anm. Red.)

Durch Anbetung werden Kirche und Welt erneuert – Von Kardinal Robert Sarah
Wien (kath.net/VISION 2000)

Brand Notre Dame Paris
Brand Notre Dame Paris
Urheber LeLaisserPasserA38
CC-BY-SA – Wikipedia

Die Menschen hier im Westen wollen autonom sein, von niemandem abhängig. Viele meinen, es verstoße gegen ihre Würde, etwas zu empfangen. Man meint zu wissen, wo es lang geht. Daher jetzt auch die vielen Forderungen nach Kirchenerneuerung, die den stark weltlich geprägten Vorstellungen von Synodalvertretern entsprechen – ein Irrweg, wie der folgende Beitrag zu zeigen versucht. Er ist ein Auszug aus einem Vortrag, den Kardinal Sarah nach einem Besuch der ausgebrannten Kathedrale von Notre Dame in Paris gehalten hat.

Ohne auch nur ein bisschen zu zögern, sage ich ihnen: Sie wollen die Kirche erneuern? Dann müssen wir in die Knie gehen!
Sie wollen diese wunderbare Kathedrale, die die Kirche ist, wiedererrichten? Gehen Sie auf die Knie! In erster Linie ist eine Kathedrale ein Ort, an dem Menschen knien. Eine Kathedrale ist der Ort, wo Gott im Heiligsten Sakrament gegenwärtig ist. Die wichtigste Aufgabe ist es, den Sinn für die Anbetung wiederzuentdecken! Der Verlust des Sinns für die Anbetung Gottes ist der Ursprung von all den Bränden und Krisen, die diese Welt und die Kirche dahintaumeln lässt.
Wir brauchen Anbeter! Die Welt stirbt dahin, weil es an Anbetern mangelt!

Kardinal Robert Sarah
Kardinal Robert Sarah
Urheber François-Régis Salefran
CC-BY-SA Wikipedia

Die Kirche ist ausgedörrt, weil es an Anbetern mangelt, die ihren Durst stillen! Uns fehlen die Menschen, die auf ihre Knie fallen so wie Jesus, wenn Er sich an Seinen und unseren Vater wendet: „Dann entfernte Er sich von ihnen ungefähr einen Steinwurf weit, kniete nieder und betete: Vater, wenn Du willst, nimm diesen Kelch von mir! Aber nicht mein, sondern Dein Wille soll geschehen.“
(Lk 22,41)

Es wird uns nicht gelingen, ein Verständnis für die Würde der Person wiederzuentdecken, wenn wir nicht die Erhabenheit Gottes anerkennen. Nur dann ist der Mensch groß und besonders edel, wenn er vor Gott auf die Knie fällt. Ein großer Mensch ist demütig, und ein demütiger Mensch kniet sich nieder.
Meine Freunde, wenn wir auch manchmal im Angesicht der Mächtigen in dieser Welt verzagen, wenn wir manchmal vor ihnen die Waffen strecken, erinnert euch daran, dass euch niemand die Freiheit rauben kann niederzuknien.

Wenn ungläubige Priester ihre Autorität missbrauchen und euch brutal davon abhalten, kniend die Heilige Kommunion zu empfangen, verliert nicht die Ruhe und innere Gelassenheit vor dem eucharistischen Herrn. Leistet ihnen keinen Widerstand, sondern betet für die Priester, deren Verhalten Ihn, den sie in ihren Händen halten, läs­tert und profaniert. Versucht die Demut Gottes nachzuahmen und geht in eurem Herzen, eurem Willen, eurem Verstand, in eurer Selbstachtung, ja in eurem ganzen Inneren auf die Knie. Das ist ja der Gott vorbehaltene Bereich.

Ein Mensch auf den Knien ist mächtiger als die Welt! Er ist ein unerschütterbarer Schutzwall gegen die Gottlosigkeit und den Wahnwitz der Menschen. Ein Mensch auf den Knien lässt Satan in all seinem Stolz erzittern!

Alle unter euch, die ihr in den Augen der Menschen ohne Macht und Einfluss seid, die ihr aber vor Gott niederzuknien wisst, fürchtet euch nicht vor jenen, die euch einzuschüchtern versuchen! Eure Mission ist groß. Sie besteht darin, die Welt daran zu hindern, sich selbst zu zerstören. (…)
Ihr Christen von heute, werdet ihr die Heiligen und Märtyrer sein, nach denen die Völker stöhnen, werdet ihr die Neu­evangelisation anführen? Eure Heimatländer dürsten nach Christus! Enttäuscht sie nicht! Die Kirche vertraut euch diese Mission an!

Meiner Meinung nach stehen wir an einem Wendepunkt in der Geschichte der Kirche. Die Kirche braucht eine tiefe, radikale Reform, die bei der Änderung im Leben ihrer Priester ihren Anfang nehmen muss. Aber all das steht im Dienst der Heiligkeit. Die Kirche selbst ist heilig. Unsere Sünden und unsere weltlichen Sorgen verhindern es, dass sich diese Heiligkeit ausbreitet. Es ist höchste Zeit, all diese Lasten beiseite zu schieben, damit die Kirche endlich so in Erscheinung tritt, wie Gott sie gemacht hat.
Einige meinen, die Geschichte der Kirche sei geprägt von Strukturreformen. Meiner Überzeugung nach sind es die Heiligen, die die Geschichte verändern. Die Strukturen entstehen dann im Gefolge und tun nichts anderes als das fortzuführen, was die Heiligen eingebracht hatten. Wenn Gott ruft, verlangt er etwas Radikales! Er geht dabei bis an die Wurzeln. Liebe Freunde, wir sind nicht zu mittelmäßigen Christen berufen!

Nein, Gott ruft unser ganzes Wesen, Er verlangt eine totale Hingabe, sogar bis zum Martyrium unseres Leibes und unserer Seele! Er ruft uns zur Heiligkeit: „Seid heilig, denn ich, der Herr, euer Gott, bin heilig.“ (Lev 19,2)

Auszug aus dem Vortrag am 25. Mai 2019 in der Église Saint François-Xavier in Paris

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